Tonsillektomie: Zweitmeinung kann helfen



Author:

Tonsillektomie: Zweitmeinung kann helfen

Publiziert auf www.aok.de

Die Ergebnisse aus dem QSR-Verfahren zeigen deutliche Unterschiede zwischen Kliniken bei den Komplikationsraten nach Tonsilleneingriffen. Worauf kommt es bei Tonsillenoperationen an?

Professor Markus Jungehülsing: Die Tonsillektomie zählt zu den Routine-Operationen. Der Eingriff ist nicht immer unkompliziert, vor allem wenn die Tonsillen durch vorangegangene tiefgreifende Entzündungen stark mit ihrer Umgebung vernarbt sind.

Während der Tonsillektomie werden die Mandeln mit ihrer Pseudokapsel aus der Gaumenmuskulatur herausgelöst. Hierbei kommen unterschiedliche Techniken zur Anwendung: die stumpfe Präparation mit dem Raspartorium, die scharfe Präparation mit der Schere, aber auch die Präparation mit dem elektrischen Messer oder der Coblation. Es entsteht immer eine große Wundfläche in der Muskulatur, die verheilen muss.

Der entstehende Defekt wird aus vielerlei Gründen nicht vernäht. Unter der Mandel liegen einige große arterielle Gefäße. Werden diese verletzt oder durch darauffolgende Entzündungs- und Wundheilungsprozesse arrodiert, kommt es zu mitunter lebensgefährlichen Blutungen. Auch kann der Nerv für den Geschmack und der Nerv für die Beweglichkeit der Zunge primär durch die Operation oder sekundär durch die Wundheilung geschädigt werden.

Eine zu tiefe Resektion der Mandeln oder eine protrahierte Wundheilung können bewirken, dass sich der Gaumen nicht mehr richtig schließen kann beim Schlucken und Sprechen. Deswegen ist die schonende und gelegentlich zeitaufwändige Gewebspräparation bei der Operation essenziell. Je weniger Gewebe und Schleimhaut geschädigt wird, desto schneller und besser verläuft der Heilungsprozess. Dies muss man auch bei der angewandten Technik berücksichtigen. Zum Beispiel führt der übermäßige Einsatz der bipolaren Koagulation der blutenden Gefäße zu tiefergreifenden Gewebsschäden und damit zumindest zu einer längerdauernden Wundheilung.

Allerdings kann es auch bei sehr sorgfältig durchgeführter Präparation zu einer stärkeren Blutung oder Nachblutung kommen. Die Gründe hierfür sind wiederum vielfältig und liegen nicht an der Qualität der durchgeführten Operation.

Deswegen erlebt seit 15 Jahren die Tonsillen-Teilentfernung eine Renaissance: Hierbei wird nur der größere Teil der Tonsille entfernt, Kapsel und Tonsillenrestgewebe verbleiben auf der Muskulatur, und es kommt durch die weniger tiefe Resektion viel seltener zu Nachblutungen und Wundheilungsstörungen. Bei diesem Verfahren kann es aber zu einem Rezidiv der Mandelentzündungen kommen, da ja circa ein Drittel Restgewebe verbleibt und sich wieder entzünden kann, und letztlich die komplette Entfernung der Restmandeln notwendig machen.



Source link